Die Arbeit gliedert sich in vier Schwerpunktbereiche (vgl. den Überblick in Abb. 1):
1.
Im Kapitel 2 wird ein konsistenter
Selbstorganisationsansatz auf der Basis der Synergetik entwickelt.
2.
Das Kapitel 3 widmet sich der Darstellung
des synergetischen Ansatzes auf der Ebene der sozialen Systeme. Eine besondere
Berücksichtigung findet die Problematik der Übertragung des aus der Naturwissenschaft
stammenden Konzeptes auf soziale Systeme.
3.
Das Kapitel 4 präzisiert unter Zuhilfenahme
betriebswirtschaftlicher Theorien die Aussagen für Unternehmen. Eine Synthese
von organisationalen Wandel und der Theorie der Synergetik wird hier vorgenommen.
Dabei finden insbesondere die Möglichkeiten und Grenzen für ein Einwirken des
Managements auf den synergetisch-organisationalen Wandel Berücksichtigung.
4. Die Ergebnisse der vorhergehenden Kapitel werden in Kapitel 5 auf die ökologische Orientierung von Unternehmen angewandt und insbesondere auch für die Möglichkeiten einer ökologischen Unternehmensführung herangezogen.
zu 1. Nach dem Einführungskapitel werden im 2. Kapitel die unterschiedlichen naturwissenschaftlichen Theorien der Selbstorganisation skizziert. Innerhalb der relativ kurzen Entwicklungsgeschichte der Selbstorganisationstheorien deutet sich innerhalb des Paradigmas Selbstorganisation eine Konvergenz unterschiedlicher theoretischer Stränge zu einer Theorie der nichtlinearen Dynamik bzw. Theorie der Selbstorganisation (Synergetik) an (vgl. 2.2.2. der Arbeit). Daneben finden sich aber auch unterschiedliche theoretische Vorstellungen wie etwa die autopoietischen Anschauungen wieder (vgl. 2.1.5. der Arbeit).
H. Haken ist nicht nur Begründer der naturwissenschaftlichen Lasertheorie,
sondern hat über eine verallgemeinernde Darstellung eine in sich geschlossene,
formalwissenschaftliche Selbstorganisationstheorie eruiert. Sie ist in der Lage,
ein umfassendes Theoriegebäude anzubieten, mit dessen Hilfe eine Integration
der unterschiedlichsten Phänomene gelingt. Die Synergetik stellt die
Entstehung, Aufrechterhaltung und Veränderung von Ordnungen dar. Das Erkenntnisobjekt
liegt weniger in der Darstellung der komplexen Systeme selbst, sondern in der
Modellierung der Prozesse der Veränderungen. Damit gelingt im Gegensatz zu anderen
Selbstorganisationstheorien nicht nur eine Thematisierung von Veränderungen
über den Gebrauch von Worthülsen wie Entwicklung oder Evolution,
sondern sie erlaubt durch das Zusammenführen von Mikro- und Makroebenen sowie
dem Zusammenspiel von Stabilitäts- und Instabilitätsbetrachtungen eine detailliertere
Darstellung der einzelnen prozessualen Sequenzen von komplexen nichtlinearen
Systemen. In Kapitel 2 wird der synergetische Ansatz anhand einzelner, für den
Sozialwissenschaftler nachvollziehbarer Dimensionen dargestellt. Die Dimensionen
Selbstabilisierung (vgl. 2.3.2. der Arbeit), Stabilität und Instabilität (vgl.
2.3.3. der Arbeit), Mikro- Makroebenen(vgl. 2.3.4), den Prozeß der Entstehung
von Ordnung (4-Phasen-Prozeß [1]
) (2.3.5. der Arbeit), Regelung (vgl. 2.3.7. der
Arbeit) und Entwicklung (vgl. 2.3.6. der Arbeit) werden als synergetische Charakteristika
ausgearbeitet. Sie dienen in den nachfolgenden Kapiteln als Orientierungshilfe
für die Ausführungen über Prozesse in sozialen bzw. betriebswirtschaftlichen
Systemen (vgl. 3., 4. der Arbeit).
zu 2. In Kapitel 3 werden die in Kapitel 2 formulierten Vorstellungen
über die formalwissenschaftlichen Inhalte der Metatheorie bzw. Allgemeinen
Systemtheorie Synergetik auf soziale Systeme bzw. auf Unternehmen übertragen. [2]
Eine hieran anschließende Übertragungsproblematik wird in Kapitel 3.1. kritisch diskutiert. Dabei wird die Notwendigkeit erkannt, daß es für eine Anwendung der synergetischen Vorstellungen auf der sozialwissenschaftlichen Ebene einer Spezifizierung der allgemeinen Aussagen für soziale Systeme bedarf. Neben systemtheoretischen Besonderheiten von sozialen Systemen (vgl. 3.3.2.1. der Arbeit) werden menschliche Spezifika berücksichtigt (vgl. 3.3.2.2. und 3.3.2.3. der Arbeit).
Mit Rückgriff auf soziologische Arbeiten wie etwa die Theorien von Bühl (1990),
Hejl (1992), Krohn (1992), Brunner (1990), Tschacher (1991), Hörz (1993), Schiepek
(1994), Weise (1994) etc. wird ein synergetisch-evolutionärer Entwurf für soziale
Systeme angegangen (vgl. 3.4. der Arbeit). [3]
Dabei wird insbesondere auf die selbstorganisatorischen
Überlegungen im Rahmen des Radikalen Konstruktivismus eingegangen.
zu 3. Das Kapitel 4 schließt an die eher allgemein gehaltenen sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse an, in denen die Unternehmen mit den betriebswirtschaftlichen Fragestellungen im Mittelpunkt stehen. Dazu ist es sinnvoll, aktuelle betriebswirtschaftliche Literatur mit Beziehung zu (1) Selbstorganisationstheorien und (2) Konzepten des organisationalen Wandels aufzuarbeiten. Dabei ergibt bereits die Durchsicht der Literatur deutliche Abgrenzungen gegenüber einer synergetischen Sichtweise:
(1)
Der Begriff der Selbstorganisation
findet sich in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur in unterschiedlichen
Kontexten, wie etwa in dem St. Galler Ansatz (vgl. 4.1.1. und 4.1.3. der Arbeit).
Vielfach wird Selbstorganisation in der Literatur - oftmals allerdings in eher
willkürlichen Verwendung - ohne nähere Definition ganz im Sinne der Gegenüberstellung
von Fremd- und Selbstorganisation als ein Prozeß verstanden, der sich der bewußten
Gestaltung durch das Management entzieht. Damit erhält der Begriff der Selbstorganisation
den Charakter einer Residualgröße, die nicht gestaltet bzw. geregelt wird und
die auch prinzipiell nur in einem begrenzten Maße gestaltet und geregelt werden
kann.
Die vorliegende Arbeit trennt sich von einem derartigen Verständnis von Selbstorganisation. Ohne hier das Selbstorganisationskonzept im Sinne der Synergetik schon im Einzelnen vorstellen zu können, wird Selbstorganisation eben nicht in Abgrenzung zur Fremdorganisation verstanden, sondern sämtliche Regelungs- und Gestaltungsaktivitäten des Managements sowie sämtliche Prozesse sind Ausdruck der unternehmerischen Selbstorganisation. Das Management verfügt zwar weiterhin über die Möglichkeit des Lenkens und Gestaltens, aber es wird nur bedingt das ursprünglich beabsichtigte Ergebnis erreichen (vgl. 4.4. der Arbeit).
(2)
Konzepte des organisationalen Wandels
wie das Konzept des Organisationalen Lernens (vgl. 4.2.1.2. der Arbeit), ausgesuchte
Ansätze zur Organisationsentwicklung (vgl. 4.2.1.1. der Arbeit), der Konsistenzansatz
(vgl. 4.2.3.1. der Arbeit) und ein kognitiv-interpretativer Ansatz (vgl. 4.2.3.2.
der Arbeit) werden in ausgewählten Bereichen aufgearbeitet. In neueren wirtschaftswissenschaftlichen
Ansätzen hat nicht zuletzt dank der Erkenntnis, daß eine komplexe und dynamische
Umwelt auch interne Fähigkeiten zu Veränderungen nötig macht, zu einer verstärkten
Hinwendung zu prozessualen Vorstellungen geführt. So sind die Vorstellungen
zum Lean Management, Business Reorganisation, Continous Improvement, Projekt-
oder Prozeßmanagement in den letzten Jahren fokussiert in den Management- und
Organisationstheorien behandelt worden.
Abb. 1: Übersicht über das methodische Vorgehen
Die Synergetik
als eine Theorie der Entstehung, Aufrechterhaltung
und Veränderung von Ordnung beleuchtet die Vorgänge im Zeitablauf bzw. stellt
eine Theorie des Wandels zur Verfügung, die es für konkrete Betrachtungen
zu spezifizieren gilt.
In 4.3. der Arbeit wird mit einem synergetisch-organisationalen Wandel eine Synthese zwischen Theorien zur Selbstorganisation und der Theorie des Wandels erarbeitet. Für eine Synthese von Selbstorganisation und Wandel drängt sich die Verwendung der Synergetik geradezu auf, da innerhalb der Synergetik die Prozesse als Ausfluß des selbstorganisatorischen Charakters von nichtlinearen und komplexen Systemen dargestellt werden.
Die synergetisch-organisationale Theorie des Wandels (vgl. 4.3. der
Arbeit) für Unternehmen wird anhand der in Kapitel 2 bzw. Kapitel 3 herausgearbeiteten
synergetischen Charakteristika im einzelnen
dargestellt. Die unterschiedlichen
betriebswirtschaftlichen Theorien lassen sich vor der synergetisch-organisationalen
Betrachtungsweise als Bestandteile einer umfassenderen Theorie einordnen, ohne
daß sie jedoch ihre jeweilige Bedeutung verlieren. Nicht die Widerlegung der
organisationalen Wandeltheorien gelingt mit der Selbstorganisationstheorie,
vielmehr stellt der synergetisch-organisationale Wandel ein umfassenderes
Theoriegebäude zur Verfügung, innerhalb dessen sich einzelne Partialtheorien
zuordnen lassen.
Allerdings erlaubt die synergetische Wandelvorstellung ein neues Verständnis der betrieblich ablaufenden Prozesse, mit der Folge, daß die Veränderungen innerhalb eines komplexen und nichtlinearen Systems Unternehmen (vgl. 4.3. der Arbeit) neu verstanden werden können.
Das Wissen um das allgemeine prinzipielle Muster der Veränderungen macht es
auch möglich, daß dem Management Handlungsempfehlungen gereicht werden
können. Es handelt sich um prinzipielle Empfehlungen mit hohem Abstraktionsgehalt.
Denn es ist gerade ein Charakteristikum von nichtlinearen und komplexen Systemen,
das Veränderungen eben nicht vorhersehbar, die Entwicklung nicht deterministisch
abläuft, sondern bereits kleine Änderungen zu plötzlichen und weitreichenden
Folgewirkungen führen können (vgl. auch 4.3.4.2.2. der Arbeit).[4]
Deshalb ist ein mechanistischer Ablauf der Veränderungen bzw. ein fertiges
Instrumentenset, das nur noch in der richtigen Situation Anwendung findet, mit
dem Selbstorganisationsansatz nicht vereinbar.
zu 4. In Kapitel 5 werden die in Kapitel 4 vorgestellten Ausführungen zu einem synergetischen Wandel von Unternehmen am Beispiel der aktuellen Diskussion über eine ökologische Unternehmensführung angewendet.
In der Betriebswirtschaft finden sich unterschiedliche Vorstellungen darüber, inwiefern eine ökologische Ausrichtung des Unternehmens möglich ist. Dabei lassen sich zum einen Vorstellungen zusammenfassen, die eine ökologische Orientierung im Rahmen des klassisch-betriebswirtschaftlichen Paradigmas angesiedelt sehen. Dazu gehören der Kosten- und Produktionsansatz, das ökologieorientierte Marketing, das Öko-Management als ganzheitliche strategische Unternehmensführung oder auch die systemtheoretisch-evolutionären Ansätze (vgl. 5.2.3. der Arbeit).
Dem steht die Meinung gegenüber, daß die bestehende Wirtschaftsweise sowie die unternehmerische Gestaltung und Regelung der Prozesse letztlich zu genau dem heutigen bedenklichen Zustand der Natur geführt hat. Für eine nachhaltige Verbesserung des ökologischen gesellschaftlichen Umweltzustands bedarf es vielmehr alternativer Ansätze innerhalb eines neuen Paradigmas (vgl. 5.2.3. der Arbeit). Während das Anspruchsgruppenmodell noch eine weitgehende Verbreitung gefunden hat, werden der ethisch-normative Ansatz sowie Gedanken in Richtung eines sozial-ökologischen Ansatzes (vgl. 5.2.3. der Arbeit) stark in Frage gestellt.
Der Ansatz eines synergetischen Wandels für eine ökologische Orientierung von Unternehmen kann nur schwer in diese Klassifizierung eingeteilt werden, da hier zwar der klassische betriebswirtschaftliche Rahmen verlassen wird, andererseits es sich aber um eine dynamische Betrachtung eines ökologischen Wandels von komplexen und nichtlinearen Systemen handelt (vgl. 5.2.5. der Arbeit). Die synergetisch-ökologische Sichtweise stellt einen dynamischen Ansatz des organisationalen Wandels von komplexen und dynamischen Systemen dar, der davon ausgeht, daß Ökologieorientierung bzw. ökologische Unternehmensführung als ein Prozeß der Veränderung beschrieben werden sollte (vgl. 5.2.5. der Arbeit).
Der synergetisch-ökologische Wandel wird anhand der Charakteristika der Synergetik über die Dimensionen 1. Selbstabilisierung (vgl. 5.3.1. der Arbeit), 2. Stabilität und Instabilität (vgl. 5.3.2. der Arbeit), 3. der Mikro- und Makroebenenverschränkung (vgl. 5.3.3. der Arbeit), oder 4. dem 4-Phasen-Prozeß (vgl. 5.4. der Arbeit) detailliert behandelt.
Eine synergetische Betrachtung des ökologischen Wandels geht über die Beschreibung der Prozesse hinaus. Das Wissen der prinzipiellen Muster der Nutzung von ökologischen Funktionen macht eine Einflußnahme durch das Management möglich (vgl. 5.4. der Arbeit). Zwar handelt es sich hier im Rahmen der nichtlinearen Dynamik um Prozesse, die nicht prognostizierbar sind und denen somit auch nicht mit standardisierten Maßnahmen beizukommen ist. Dennoch lassen sich einige grundlegende phasenorientierte Aussage darüber gewinnen, inwiefern innerhalb des Prozesses bestimmte Impulse gesetzt werden können (vgl. 5.4.1.1., 5.4.1.2., 5.4.2. der Arbeit).
[1]
Die Veränderungsprozesse werden
im hier verfolgten Ansatz in vier Phasen aufgeteilt. Der entsprechend benannte
Vier-Phasen-Prozeß stellt eine Heuristik dar, mit deren Hilfe
die schwer zugänglichen Prozesse wesentlich überschaubarer werden. Letztlich
handelt es sich aber hier nicht um voneinander abtrennbare Phasen, sondern
um einen Prozeß der Veränderung (vgl. dazu 2.3.5., 3.5. und 4.3.4. der Arbeit).
[2]
Das dritte Kapitel basierte auf
dem sozialwissenschaflich-systemtheoretischen Gedankengut, wie es in den Arbeiten
über die Allgemeine Systemtheorie bzw. Selbstorganisationstheorie von B.-O
Küppers 1990; Riedl 1990; Wuketits 1990; S.J. Schmidt 1994a, 1994b, 1994c;
Krohn 1991, 1992; Günther Küppers 1992, 1994; Hejl 1992, 1994; Schwelger 1992;
An der Heiden 1992; Bühl 1990; Luhmann 1988, 1990; N. Schmidt 1991 etc. zu
finden ist.
[3]
Obwohl die hier verwendete Form
der Übertragung durch Erkennen und Darstellen von Mustern durchaus kritisch
gesehen werden kann, so kann doch festgehalten werden, daß im Einklang mit
den bereits vorhandenen Ansätzen auch für das Management eine Heuristik für
die Gestaltung und Entwicklung von sozialen Systemen Anwendung finden kann.
Dieses mittels der Heuristik formulierte ganzheitliche Managementmodell ist
den bisherigen verkürzten linearen Darstellungen mindestens insofern überlegen,
als es den Blick aus einer neuen Perspektive auf bisher so noch nicht wahrgenommene
Prozesse lenkt.
[4]
Vgl. hierzu die Ausführungen
über die chaostheoretischen Ansätze in 2.1.5.3. und 4.1.1. der Arbeit.
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Kontakt: n_niemeier@web.de | letzte Änderung: 30.09.2001 |